Auswerfung der Krönungsmünzen zu Königsberg 1701 durch „Graf von Stosch“

Im Rahmen der prunkvollen Feierlichkeiten zur Krönung von Kurfürst Friedrich III. zum König in Preußen sind in Königsberg auch Krönungsmünzen unter das Volk geworfen worden. Diese Episode ist Gegenstand einer Zinnfigurenserie von Flachfiguren der 30 mm-Größe, welche ich in meine Sammlung aufgenommen habe. In diesem Zusammenhang wurde mein Interesse geweckt, näheres über den „Grafen von Stosch“ zu erfahren, der bei der Auswerfung der Krönungsmünzen maßgeblich als Akteur in Erscheinung getreten sein soll.

Meine Recherche zunächst zum Adelsgeschlecht „von Stosch“:
„Schon im 13. Jahrhundert bestanden drei Linien, eine in Oberschlesien und zwei in Niederschlesien. Die oberschlesische Linie, die sich Stosch zu Kaunitz schrieb, soll Ende des 16. Jahrhunderts erloschen sein. Die niederschlesischen Linien, sie schrieben sich nur von Stosch, teilten sich in verschiedene Nebenlinien und Häuser.
1701 erhielt Caspar von Stosch den böhmischen Freiherrenstand. Hans Gottlieb von Stosch wurde erst 1798 von König Friedrich Wilhelm III. in den preußischen Grafenstand erhoben.“ Zitate aus: Stosch (Adelsgeschlecht) – Wikipedia
Hieraus erschließt sich, dass ein „Graf von Stosch“ 1701 bei den Krönungsfeierlichkeiten in Königsberg, der sich zudem als Geldwerfer der Krönungsmünzen betätigt haben soll, nicht nur hinsichtlich des Titels eines Grafen fragwürdig ist, sondern offensichtlich auch nicht aus dem geschilderten Adelsgeschlecht stammen konnte. Andererseits ist unzweifelhaft dokumentiert, dass tatsächlich am Krönungstag erhebliche Mengen an Münzen unter das Volk verteilt worden sind. Es soll sich um Münzen im Wert von 6.000 Talern gehandelt haben, wobei sich unter den Silbermünzen auch etliche Goldstücke befanden. Ein Graf Stosch wird in diesem Zusammenhang jedoch nicht erwähnt.
„Auswerfung der Königl. Preußischen Krönungsmünzen und Preisgebung des Tuchs 1701“,
Radierung von Johann Georg Wolffgang, 1712, nach Zeichnung von Johann Friedrich Wentzel (Abb. Wikipedia)
Weiter wird a. a. O. ausgeführt:
„Eine weitere gleichnamige Familie aus Schlesien, deren gesicherte Stammreihe auf den Magister Bartholomäus Stoschius (1566–1625) zurückgeht, erhielt Anfang des 18. Jahrhunderts den preußischen Adelsstand. Der Stammvater Bartholomäus Stoschius war Rektor der Fürstenschule in Strehlen. Dessen Sohn Bartholomäus Stosch der Jüngere (1604–1686) war ein bedeutender reformierter Theologe sowie kurfürstlich-brandenburgischer Oberhof- und Domprediger in Berlin. Seine Söhne Friedrich Wilhelm Stosch (1648–1704), Königlich Preußischer Geheimer Staatssekretär, und Wilhelm Heinrich Stosch, Königlich Preußischer Geheimer Kämmerer, erhielten am 18. Januar 1701 zu Königsberg, dem Krönungstag von Friedrich I., den preußischen Adelsstand.“ Zitat aus: Stosch (Adelsgeschlecht) – Wikipedia
Es ist also durchaus möglich, dass einer dieser Söhne die Tätigkeit des „Geldwerfers“ übernommen hat; er war jedoch keinesfalls im Grafenstand, sondern gerade erst geadelt worden. Diese These wird noch gestützt durch die nachstehend auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen von Dr. Gerhild H. M. Komander in ihrem Artikel „Die Preußische Königskrönung“ (in Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Heft 1/1996):
„Die Schilderungen dieser beiden dem Volk zukommenden Veranstaltungen zeigen ein wildes, zum Teil groteskes Durcheinander einer nicht zu zählenden Masse von Menschen, derer sich mitunter die königlichen Beamten mittels ihrer Lanzen erwehren müssen.“ (Anm.: gemeint sind die begleitenden Schweizer Gardisten in Zeremonialtracht) „Allein der Geheimkämmerer zu Pferd überragt zum Zeichen der alles beherrschenden königlichen Würde und Macht das Getümmel und scheint unantastbar zu sein.“
Danach müsste es sich um den frisch geadelten Wilhelm Heinrich von Stosch handeln, der ja das Amt des Geheimen Kämmerers bekleidete.
Zur Zinnfigurenserie (30 mm Flachfiguren):
Stosch 2
Abgüsse der Figuren sind heute bei der Privat-Offizin „Zinnfiguren Fleesensee“, Dr. Eberhard Dau, erhältlich. Nach dortigen Angaben stammen die Zeichnungen von Karl Heinrichs, die Gravuren wurden von Hans Lecke und Karl Werner Rieger geschaffen.
Die Serie umfasst insgesamt 27 Typen, die auch einzeln erhältlich sind. Diese Abbildung wurde uns freundlicherweise von der Fa. W. Scholz, Berlin zur Verfügung gestellt.
Text: Gerriet Stenvers
Stich: Wikipedia
Photo: Fa. W. Scholz, Berlin