In den Jahren von 1718 bis 1729 wurde Kronprinz Friedrich nach Maßgabe seines Vaters, Königs Friedrich Wilhelms des I., vorrangig militärisch erzogen, wobei diese Aufgabe durch zwei hohe Offiziere, nämlich Gouverneur und Oberhofmeister Albrecht Konrad Graf Finck von Finckenstein und Oberst Christoph Wilhelm von Kalkstein wahrgenommen wurde. Deren Aufgabe bestand nach Instruktion des Königs darin, Friedrich zu „einem frommen Christen und tapferen Soldaten“ zu erziehen.
Bereits 1716, mit vier Jahren, musste der Prinz die 45 Kommandos des preußischen Exerzierreglements lernen und sich im Pistolenschießen üben, obgleich der Knall der Schüsse ihn anfangs erschreckte. 1718 wurde er in die Kompanierolle des „neuen Korps Cadets“, das eigens für ihn 1717 aufgestellt worden war, als dessen Kapitain eingetragen. Schon kurz darauf ließ er die Kompanie von 131 Kadetten vor seinem Paten Peter dem Großen und seinem Großvater Georg I. von Großbritannien paradieren. Für ihre stramme Haltung erhielten angeblich alle Kadetten anschließend vom König ein Fass Bier.
Friedrich Wilhelm hielt weiterhin an seinem Vorhaben fest, die Entwicklung des Prinzen nach seinen Vorstellungen zu beeinflussen. 1719 soll der siebenjährige Kronprinz in Uniform seinen Vater zur Revue des „Rothen Leibbataillons Grenadiers“ in Potsdam begleitet haben, welches seit 1717 das I. Bataillon des Königsregiments bildete.
Ab 1. August 1720 war der Kronprinz Kapitain im Königsregiment und der König sorgte dafür, dass der Schulunterricht weitgehend durch militärische Ausbildung ersetzt wurde. Auf Befehl des Königs hatten die Erzieher dem Prinzen „die wahre Liebe zum Soldatenstande einzuprägen“. Mit 14 Jahren erfolgte die Ernennung Friedrichs zum Major der Potsdamer Grenadiere (I. Bataillon des Königsregiments), der sogenannten „Langen Kerls“, und mit 16 Jahren erhielt er am 14. März 1728 das Patent als Oberstleutnant und Kommandeur des II. Bataillons.
Friedrich Wilhelm hatte stets die Absicht, seinen Sohn nach den Grundsätzen von Strenge, Disziplin, protestantischer Überzeugung und militärischer Härte aufzuziehen, die er sich selbst angeeignet hatte, ohne die andersartige, komplizierte und vielfältige Veranlagung im Wesen des Prinzen zu berücksichtigen. Im Gegenteil, er verbot ihm sogar das Üben des Flötenspiels, zumal ihm alles Musische und Schöngeistige von Herzen zuwider war. Er maßregelte ihn ständig, setzte ihn herab und züchtigte ihn in einem Wutanfall sogar in der Öffentlichkeit. Sein Wille, einen Soldaten aus seinem Sohn zu machen, stand dabei immer im Vordergrund. So war es denn auch unausweichlich, dass es im Sommer 1730 zum bekannten Eklat durch den Fluchtversuch Friedrichs kam, der mit dem Prozess vor dem Kriegsgericht wegen versuchter Desertion als Oberstleutnant und anschließender Festungshaft in Küstrin endete. Ein Todesurteil stand im Raum, wurde aber von den Offizieren des Kriegsgerichts „wegen fehlender Zuständigkeit gegenüber einem preußischen Kronprinzen“ verweigert.
Das Verhältnis des Vaters zu seinem Sohn war nun völlig zerrüttet, und damit hatten sich auch die militärischen Ambitionen nach dem Willen des Königs bis auf weiteres aufgelöst. Der Soldatenstatus und Offiziersdienstgrad aus der bisherigen militärischen Karriere Friedrichs wurde selbstverständlich aberkannt sowie Degen und Orden eingezogen. Damit war dann auch die bisherige Zugehörigkeit des Prinzen zum II. Bataillon des Königsregiments und den „langen Kerls“ in Potsdam beendet.
Es ergab sich jedoch nach zehn Jahren eine weitere Situation, die Friedrich im Zusammenhang mit der „Riesengarde“ betraf. Zwischenzeitlich in bitterer Prüfungszeit gereift und 1732 als Oberst und Regimentschef des bisherigen Infanterieregiments „Goltz“, nun Regiment „Kronprinz“, wieder in der Armee angestellt, hatte er den Wert und den Ernst des Militärberufes voll erfasst. Der Kronprinz war dann 1740 nach dem Tod seines Vaters als Friedrich II. zum König in Preußen aufgestiegen und hatte in dieser Eigenschaft auch sehr deutlich erkannt, welchen Wert der Schutz eines mächtigen Heeres für die zerstreuten Provinzen des preußischen Staates bedeutete. So wenig sein Wesen ursprünglich mit der Strenge des militärischen Dienstes vereinbar zu sein schien, so eifrig sorgte er jetzt für deren fortgesetzte Beachtung und Praxis. Nur was seiner Ansicht nach als überflüssiger Luxus im militärischen Bereich zu beurteilen war, sollte abgeschafft oder auf andere Weise geändert werden. Dies betraf insbesondere die berühmte Riesengarde, welche der verstorbene König in seiner Vorliebe für übergroße Soldaten beim ehemaligen Königsregiment in Potsdam gehalten hatte. Aber es wird auch berichtet, daß Friedrich Wilhelm kurz vor seinem Tode seinen Sohn über die ungeheuren Summen, welche die Unterhaltung dieses Korps kostete, informiert hatte und ihm zur Auflösung desselben geraten habe. So trat das vollständige Königsregiment mit seinen 3 Grenadier-Bataillonen und insgesamt fast 4.000 Grenadieren am 22. Juni 1740 zum letzten Mal anlässlich der Leichenfeier für den verstorbenen König in Potsdam an.
Am 28. Juli 1740 löste Friedrich II. das ehemalige Königsregiment durch Kabinettsorder zwar nicht ganz auf, reduzierte es aber aus Gründen der Pietät seinem verstorbenen Vater gegenüber auf ein Bataillon, welches zunächst als „Bataillon Königs Grenadier-Garde“ unter ihm als Chef, ab 1743 als „Bataillon Grenadier-Garde“ unter zusätzlicher Namensnennung des jeweiligen Inhabers weiterhin in Potsdam existierte. Dieses Bataillon war auch die Einheit, in der die eigentlichen „Langen Kerls“ weiter bis 1806 bestanden. Die überzähligen 3.200 Grenadiere hatten die Alternative, entweder den Dienst zu quittieren, oder ihn in einem anderen Regiment fortzusetzen. Nur wenige Grenadiere machten von der Entpflichtung Gebrauch. So wurde z.B. das gesamte II. Bataillon des neuen Königs-Regiments (mit Ausnahme der Grenadierkompanie des II. Btl. des ehem. Regiments „Kronprinz“) ganz aus jüngeren und besonders großen Soldaten des ehemaligen Königsregiments zusammengestellt, während die bisherigen 5 Kompanien des II. Btl. „Kronprinz“ als Stamm für ein neues Regiment zu Fuß des Prinzen Ferdinand von Preußen dienten. Andere kamen ebenfalls zum Regiment z.F. „Prinz Ferdinand“ oder zum neuen Füsilier-Regiment „Prinz Heinrich“. Die neu aufgestellten Füsilierregimenter erhielten ihre Unteroffiziere ebenfalls vom aufgelösten Königs-Regiment, auch wurden viele Offiziere vom König in sein neues Garderegiment übernommen. Darüber hinaus wurde noch aus älteren und felddienstuntauglichen Leuten, bzw. solchen mit schlechter Führung, das Garnisonsbataillon „v. Weyher“ in Magdeburg zusammengestellt.
Von der „Riesengarde“ oder den „Langen Kerls“ war schon bald im Volksmund nicht mehr die Rede, zumal es entsprechende Werbungen unter Friedrich II. auch nicht mehr gab. Gleichwohl hielten sich diese Spitznamen in der Militärgeschichte weiter bis in die heutige Zeit.
Text und Fotos: Gerriet Stenvers
Literatur:
Jany, Curt, „Geschichte der Preußischen Armee vom 15. Jahrhundert bis 1914“, 2. Band, 2. Auflage, Osnabrück 1967;
Franz Kugler, „Geschichte Friedrichs des Großen“, Leipzig 1856, (Digitale Ausgabe der Universitätsbibliothek Trier)
Wolf H. Birkenbihl, „Friedrich der Große – Monarch, Feldherr und Philosoph“, Baden-Baden 2018
Rolf Fuhrmann, „Die Langen Kerls“, Berlin 2007
Karl-Heinz Otto, „Die Langen Kerls – Legendäre Garde Friedrich Wilhelms I.“, Potsdam 2003